Stuttgart/Freiburg,
23. Oktober 2017 – Für immer mehr Haushalte auch in Baden-Württemberg ist es
ein Problem, ihre Heiz-, Strom- und Gasrechnungen zu bezahlen. Oftmals stehen
die Menschen vor der Frage: Essen oder Heizen. Sie müssen einen
überdurchschnittlich hohen Anteil ihres geringen Einkommens für Wärme und Strom
aufwenden. Können sie die Rechnungen nicht bezahlen, schalten die
Stromversorger den Strom ab. Betroffen sind keinesfalls nur Bezieher von
Sozialleistungen, sondern auch Bürger mit kleiner Rente oder geringem
Einkommen. In Einzelfällen betreffen diese Sperren auch Haushalte mit Kindern.
Die Gas-, Wasser-, Heizung- und Stromrechnung nicht immer pünktlich zahlen zu
können, ist auch einer von 23 Aspekten, die laut Bertelsmann-Stiftung in ihrer
heute veröffentlichten Studie auf Kinderarmut hindeutet. Für die Caritas
Baden-Württemberg gehört eine Grundversorgung von Strom, Gas und Heizenergie
allerdings zum absoluten Existenzminimum. Der katholische Wohlfahrtsverband
fordert daher einen Stopp von Stromsperren durch die Energieversorger für
Haushalte mit Energieschulden.
„Die Folgen von
Energiesperren sind für die betroffenen Menschen drastisch und für weite
Bevölkerungskreise kaum vorstellbar", so die Caritasvorstände Dr. Annette
Holuscha-Uhlenbrock (Rottenburg-Stuttgart) und
Mathea
Schneider (Freiburg). „Die Menschen zünden Kerzen an, was Brand- und
Unfallgefahren mit sich bringt. Ohne Strom gibt es keine Hygiene für Körper und
Haushalt, man kann nicht kochen und keine Lebensmittel kühlen. Ein
zivilisiertes Leben ist schlichtweg unmöglich." Daher fordert die Caritas
im Land für Menschen, die von Energiearmut betroffen sind, dringend eine
kostenlose Energieberatung. Auch seien Energiezuschüsse im Wohngeldgesetz und
im BAföG einzuführen. Außerdem sieht die Caritas Land und Bund in der Pflicht,
ein Konzept vorzulegen, wie Energiearmut bekämpft werden kann. Hier sei der
Verbraucherschutz massiv zu stärken – etwa indem die Grundversorgertarife und
Nebenkosten von Mahnverfahren gesenkt werden.
Das Phänomen
„Energiearmut" ist aus Sicht des katholischen Wohlfahrtsverbands auch im
Kontext von Klimaschutz zu sehen. Klimapolitische Ziele führten zu steigenden
Strom- und Energiepreisen und zögen auch immer mehr Investitionen in
energieeffiziente Wohngebäude nach sich. „Unterm Strich bedeutet dies: nicht
nur Energie wird teurer, sondern auch der sanierte Wohnraum. Armutsgefährdete
Personen können da nicht mithalten", so Schneider und Holuscha-Uhlenbrock.
Für die Caritas sind diese Privathaushalte nicht in der Lage, die Energiewende
mitzutragen. „Es ist dringend notwendig, die soziale Dimension der Energiewende
ins Bewusstsein zu holen." Das Thema sei nicht ausschließlich unter
sozialpolitischen Gesichtspunkten zu sehen. Es müsse dringend in den
Politikbereichen Energie, Klimaschutz, Wohnungsbaupolitik und Verbraucherschutz
verankert werden.
Seit Jahren
befasst sich die Caritas mit der Frage, wie Energiearmut bekämpft werden kann.
Sie hat den Stromspar-Check entwickelt, der armutsgefährdeten Menschen hilft,
ihren Energieverbrauch zu senken. Bei der Frage, wie alle Bürgerinnen und
Bürger in Baden-Württemberg im Sinne von Teilhabe gut mit Energie versorgt
werden können, bringt sich der Wohlfahrtsverband gerne ein.